Freitag, 30. August 2013

Teletext Art

1973 nahm der britische Sender BBC erstmals den Teletext in Betrieb. Seither kennt man ihn für die Wettervorhersage, für Programminfos und andere Belanglosigkeiten - der Kunst gegenüber blieb der Teletext bislang allerdings verschlossen. Bislang.

Noch bis Mitte September ist in Berlin eine Ausstellung zum Thema Kunst im Teletext zu sehen. Gezeigt wird diese Ausstellung - wo auch sonst - im Hauptstadtstudio der ARD.

"Now that High Definition has become established as a standard and the race towards crisp images has slowed down, a growing number of artists have returned to the basic structures of electronic art. This can be seen as the main reason for the revival of teletext in this context."




Samstag, 17. August 2013

How to talk dirty

Wenn Menschen ganz egal welcher Nationen und Kulturen auf jemanden treffen, der einer anderen Nation oder Kultur entstammt, entgegnen sie ihm in 80% der Fälle den folgenden Satz: "Oh, du kommst aus China/Russland/Frankreich? Ich kann 'Scheiße/Schlampe/Fick dich' auf deiner Sprache sagen!".

Fäkal- und Schmutzsprache scheint die Leute miteinander zu verbinden. Ein amerikanischer Linguist hat diesen Fakt nun zum Anlass genommen, eine Artikel-Reihe zum Thema "how to talk dirty in..." zu veröffentlichen. Neben dänischen und arabischen Anleitungen, unter anderem nach sexuellen Vorlieben zu fragen, beschäftigt sich der jüngste Artikel dieser Reihe mit der Hindi-Sprache. Anhand sehr anschaulicher Beispiele, die sogar mit Tonspuren unterlegt sind, könnte nun wirklich jeder, der auf Schwänze und Analsex steht, seinen sprachlichen Wirkungskreis erweitern. Nun, und für alle, die sich davon eher nicht so angesprochen fühlen, sind zumindest die linguistischen Herleitungen und Erklärungen wirklich interessant.

Ein kleines Beispiel:

Once you’ve found someone and you’re done batting your eyelashes and exchanging namastes, it’s time to get down to business. For gays, or गांडू /gaɳɖu/ (basically “ass practitioners,” with the same -u as “Hindu”), it’s important to know who goes where. Here’s how it works: 
क्या तुम चोदते हो ? /kja tʊm ʧod̪t̪e ɦo/Do you fuck? (Are you the top?)

via

Mittwoch, 17. April 2013

Book of Hodor

Man sieht sie zur Zeit überall, die Bücher. R. R. Martin steht vorne drauf und etwas über "Eis" und "Feuer". Und nun hat es mich auch erwischt.

Verrückt, dass diese Fantasyreihe bereits vor zehn Jahren veröffentlicht wurde und erst jetzt - durch den Erfolg der adaptierten Fernsehserie - bei jedermann in Bus, Bahn und als Bettlektüre zu finden ist.

Mich fasziniert sie wegen ihrer Vielfalt. Kapitelweise erfährt aus der Sicht eines anderen Protagonisten die Verwicklung in das Spiel um einen Thron von sieben Königreichen. Intrigen, Machtspiele, aber auch ganz Alltägliches aus einem Leben einer anderen Zeit. Und sobald man glaubt, das "Spiel" durchschaut zu haben, fügt sich ein neues Element in die Handlung ein und alles wirkt ganz anders.

König der Herzen vieler Fans ist "Hodor", ein großwüchsiger Tölpel am Hofe eines der Edelhäuser, der bloß seinen Namen sprechen kann, aber durch Gutmütigkeit und Treue ausgezeichnet ist. Süßerweise hat ihm jemand auf der Meme-Plattform 9GAG nun ein eigenes Kapitel gewidmet.



Sonntag, 24. März 2013

Eine Frage des guten Geschmacks

Der französische Autor Renaud Camus beschrieb in seinem Werk "Du Sens" ein ziemlich bezeichnendes Phänomen des heutigen Zeitgeistes: das Dilemma, dass der gute Geschmack sich häufig durch Namen und Emblems manifestiert und zugleich durch sie herabgewürdigt wird. Sprich: Eine Ray Ban Brille (oder wie in Camus Beispiel die Louis Vuitton Handtasche) zu tragen ist cool und uncool zugleich.

"1) Die Masse der Menschen Besitzt kein Gepäck von Vuitton, weil es zu teuer ist, oder weil man es hässlich findet oder jedenfalls nicht davon träumt, es besonders schön zu finden, oder weil man gar nicht weiß, dass es solches Gepäck überhaupt gibt.
2) Eine ansehnliche Gruppe (aber man ließe sich auf gefährlichen Boden locken, wenn man sie pauschal als kleinbürgerlich bezeichnete) besitzt Vuitton-Koffer, weil sie davon überzeugt ist, dass sie ein Unterscheidungsmerkmal sind, dass sie das Gepäck sind, das man haben muss, dass sie ein Äquivalent zu den Must de Cartier darstellen et cetera.
3) Eine viel begrenztere Gruppe besitzt mit Absicht keine Vuitton-Koffer, weil sie sie hässlich und idiotisch findet und die Gruppe 2 für groß und vulgär hält und den Gedanken des must überhaupt für schwachsinnig et cetera.
4) Nun könnte man sich noch eine winzige Gruppe vorstellen, oder besser einzelne isolierte Individuen, die in dem Bewusstsein, wie groß Gruppe 3 ist und wie leicht es ist, sich über Gruppe 2 zu mokieren, indem man Vuitton-Koffer verspottet, trotz deren großer Verbreitung und indem sie das Martyrium auf sich nehmen, von den Dandys verkannt zu werden, zu den Vuitton-Koffern zurückkehren, sei es, um sie wie ein Zitat oder ein Pasticcio zu behandeln, sei es, noch heroischer, weil sie die affektierten Subtilitäten im Umgang mit diesen Koffern im Ganzen zurückweisen und in Kauf nehmen, von den Mitgliedern der Gruppe 3 als Mitglieder der Gruppe 2 angesehen zu werden."

Das trifft es so genau, dass es weh tut.
Gelesen in: Asfa-Wossen Asserate: Manieren. Eichborn Verlag 2003.

Dienstag, 8. Januar 2013

Paper Typography




Die indische Künstlerin Sabeena Karnik hat nur aus Papier eine komplette Typographie gefertigt. Das Origami von morgen. Da kann man sich gar nicht satt sehen!

Mehr Buchstaben gibt's hier.

Sonntag, 30. September 2012

Die Übereinkunft

Ich steige in die S-Bahn in Richtung Hochschule ein. Wie jeden Morgen ist sie um diese Uhrzeit ziemlich überfüllt und ich mache mich klein auf meinem Sitzplatz. Ich mag das nicht, dieses höfliche sich ganz Zurücknehmen, bloß keinen Ellbogen auf den nächsten Sitzbereich überstehen lassen, als wenn hier eine Grenze aus Stacheldraht gezogen wäre, und jedes Körperteil das übersteht, es augenblicklich büßen müsse.

 Nach einigen Haltestellen, als die meisten Leute auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstelle oder Schule ausgestiegen sind, stehe ich von dem immer noch voll besetzten Vierer-Sitzplatz auf und suche mir eine freie Bank. Komisch, wo sich in anderen Regionen wie Südostasien die Leute bewusst dort hinsetzen, wo schon jemand ist, und nicht umgekehrt.

 Ich stelle meine Tasche neben mir ab, was signalisieren soll: Ich brauche Raum und Ruhe für mich. Mir gegenüber sitzt ein Mann mittleren Alters mit Vollbart, haselnussbraunen Augen und Locken. Kein Geschäftsmann, aber auch nicht sonderlich aus dem Rahmen fallend.

 Ich tue das, was ich so gerne tue, wenn ich morgens in der Bahn sitze: ich hole meine Stricksachen aus der Tasche und konzentriere mich ganz auf das von mir hergestellte Kleidungsstück. Lasse die Gedanken kreisen, während meine Finger wie von alleine arbeiten. Nutze diese 30 Minuten der Bahnfahrt bewusst für etwas das Sinn macht, das Hand und Fuß hat, und nicht etwa für Dinge wie Musik Hören oder Zeitschrift Lesen, die nur zur Überbrückung der Zeit gut sind.

 Ich bin schon einiges an Reaktionen gewöhnt, wenn Leute mich bei dieser Tätigkeit beobachten. Von "Ach, Stricken ist jetzt also wieder Trend?" über "Oh, wie interessant! Dass junge Leute sich jetzt mit so etwas altmodischem beschäftigen" bis hin zu "Kannst du mir die Anleitung zu dem Muster geben?". Der Mann, der mir gegenüber sitzt, hat ebenfalls bemerkt, was ich tue und beginnt leicht zu schmunzeln. Ich mache mich auf den Kommentar gefasst.

 Doch er sagt nichts weiter. Er beugt sich hinunter und hebt ebenfalls seine Tasche auf den Sitz, eine Art Einkaufskorb, öffnet den Reißverschluss und holt etwas hervor. Ein graues Wollknäuel, zwei dicke Rundnadeln und ein angefangenes Strickstück, ein Schal vielleicht. Meine Augen werden groß. Er bemerkt meinen Blick und erwidert ihn. Wir lächeln uns an, doch sagen nichts. Es ist eine wortlose Übereinkunft.